MARIA LASSNIG 2019

Vom (Über)mut des Malens

Ausstellung, Maria Lassnig, Vom Übermut des Malens, 2019
Ausstellung, Maria Lassnig, Vom Übermut des Malens, 2019
Ausstellung, Maria Lassnig, Vom Übermut des Malens, 2019
Ausstellung, Maria Lassnig, Vom Übermut des Malens, 2019

„...ein Körpergefühl ist optisch schwer zu definieren, wo fängt es an, wo hört es auf, welche Form hat es, spitzig, rund, gezackt – und dieses zu erforschen ist wie ein Umzäunen von Wolken, ein Feststecken von Nebelreichen, eine Mystik des Physischen..“ (Maria Lassnig, 1982)

Maria Lassnig ist heute unbestritten eine der international anerkanntesten KünstlerInnen ihrer Generation. In zahlreichen Ausstellungen wurde ihr Werk schon zu Lebzeiten gewürdigt. Zu nennen sind hier die Biennale Beteiligung mit Valie Export 1980, ihre Retrospektive 1985 im Museum moderner Kunst, Wien, oder die Ausstellung 1994 im Stedelijk Museum in Amsterdam, die ganz große internationale Anerkennung kam aber erst nach 2000 mit zahlreichen internationalen Ausstellungen wie zum Beispiel der grandiosen Werkschau im MoMA PS1 in New York oder Präsentationen in Zürich, London, Köln, München, Hamburg, Barcelona, Liverpool, Florenz, Basel, Prag und Amsterdam. Mittlerweile ist sie wie fast keine andere Malerin in den großen Museen der Welt präsent.

Die Würdigung ihres vielschichtigen Oeuvres kam erst spät, manches fast zu spät wie der Goldene Löwe der Biennale von Venedig im Jahr 2013, den sie nicht mehr persönlich in Empfang nehmen konnte. Diese späte Ehrung einer Ausnahmekünstlerin hat vielerlei Gründe: Lassnig wird 1919 knapp nach dem Ersten Weltkrieg geboren und absolviert ihr Studium mitten im Zweiten Weltkrieg. Ihre künstlerischen Anfangsjahre fallen in eine Zeit, in der Österreich weitgehend isoliert von der restlichen Kunstentwicklung ist. Noch mehr als die ihr nachfolgenden Künstler der Jahrgänge um 1930, und noch dazu als Frau in einem männerdominierten Bereich, muss sie sich abgeschieden von allen avantgardistischen Strömungen, weitgehend ohne einen existierenden Kunstbetrieb ihren eigenen künstlerischen Weg erarbeiten. Schon in diesen frühen Jahren strebt sie nach künstlerischer Eigenständigkeit und entschließt sich zuerst nach Paris und 1968 nach New York zu ziehen.

Bereits um 1947 entstehen erste Körperbewusstseinszeichnungen. Maria Lassnig sieht Malerei als einen nach innen gerichteten Prozess, man muss die Sinne reduzieren und die Leere in sich suchen, auf der man erst aufbauen kann. In der Folge spricht sie von „Introspektiven Erlebnissen“ und „Introspektiven Figurationen“ oder „Statischen Meditationen“, bevor ab 1968 in den USA der Begriff „Body Awareness“ auftaucht. Dieses Körperbewusstsein kann in durchaus unterschiedlichem Gewand, mal abstrakt anmutend, mal realistisch gemalt, mal als Monster, mal als Maschinenmensch auftreten. In jedem Fall gelingt es ihr, Empfindungen in eine gänzlich neue, nie da gewesene Formensprache zu übersetzen.

Ihr gesamtes Werk mit dem Oberbegriff der „Body Awareness“ zu umschreiben, würde seiner Bandbreite allerdings Unrecht tun. Es besteht die Gefahr, die Vielfältigkeit dieses mehr als acht Jahrzehnte umfassenden Oeuvres zu unterschätzen. Stillstand oder ein Sich Ausruhen auf bereits Erreichtem waren ihre Sache nicht. Ihr „Gesamtwerk, wenn es auch mehr oder weniger um ein einziges Thema kreist“, ist „äußerst vielschichtig, oft überraschend und wechselhaft in seinen stilistischen Ausformungen“[1]. So führt Maria Lassnig „auf ihre stille und sichere Art eine künstlerische Revolution durch“[2] und ist „wie kaum andere Kunstschaffende ihrer Generation fähig, sich selbst immer wieder neu zu erfinden und innovativ zu bleiben“[3].

Der umfangreichen Verkaufsausstellung in der Galerie Kovacek & Zetter, die im Kunsthandel ihresgleichen sucht, ging eine fünfjährige Vorbereitungszeit voraus. Viele Werke wurden bewusst für diesen Anlass zurückgehalten. Nun werden in einer repräsentativen Werkschau einige Ölbilder und an die dreißig Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken aus unterschiedlichen Werkphasen gezeigt und zu erwerben sein. Der Ausstellungstermin wurde bewusst parallel zur großen Museumsausstellung in der Albertina (Wien, 6. September bis 1. Dezember 2019) angesetzt und ehrt Maria Lassnig anlässlich ihres 100. Geburtstages, den sie heuer gefeiert hätte. Zur Ausstellung erscheint ein in enger Zusammenarbeit mit der Maria Lassnig Stiftung entstandener, umfangreicher Katalog mit zahlreichen Texten in Deutsch und Englisch.


[1] Wolfgang Drechsler (Hg.), Maria Lassnig. Ausstellungskatalog, Museum moderner Kunst/Museum des 20. Jahrhunderts, Wien; Kunstmuseum Düsseldorf, Düsseldorf; Kunsthalle Nürnberg, Nürnberg; Kärntner Landesgalerie, Klagenfurt 1985, S. 11

[2] Armin Wildermuth in: Drechsler (Hg.), S. 112

[3] Natalie Lettner, Maria Lassnig. Die Biografie, Wien 2017S. 268

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